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05.01.2016

Betriebe werben mit Zusatzangeboten um Azubis

Die Palette reicht vom Auslandsaufenthalt bis zum Dienst-Smart


Bundesweit blieben 2015 mehr als 41.000 Ausbildungsplätze unbesetzt. Was sich die Betriebe einfallen lassen, um Interessenten anzulocken, berichtete Ulrike Friedrich, Ausbildungsexpertin beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) jetzt in einem Zeitungsinterview.

Nachfolgend zitieren wir das Gespräch mit der "Süddeutschen Zeitung" ("SZ") im Wortlaut:

"'Süddeutsche Zeitung': Darf sich bald jeder angehende Azubi auf ein Geschenk freuen?

Ulrike Friedrich: Nicht jeder, aber viele! Jedes zehnte Unternehmen in Industrie und Handel bietet inzwischen finanzielle oder materielle Anreize, um Auszubildende zu gewinnen. Häufig sind das Betriebe, deren Standort schlecht erreichbar ist oder die nicht die Top-5-Berufe ausbilden. Oder sie befinden sich an einem Ort, wo besonders viele andere Unternehmen mit ihnen um Bewerber konkurrieren.

'SZ':Was können Azubis denn so alles bekommen?

Friedrich: Am häufigsten werden Zuschüsse zur Mobilität gewährt zum Beispiel für den öffentlichen Nahverkehr oder den Führerschein. Auf dem zweiten Platz stehen höhere Ausbildungsvergütungen. Ansonsten geht das querbeet, von Büchergeld oder Zuschüssen zur Wohnung über Teamreisen bis zur kostenlosen Mitgliedschaft im Fitnessstudio. Manche Betriebe schenken ihren Azubis ein Smartphone oder ein Tablet. Das ist dann oft verbunden mit der Möglichkeit, digital zu lernen und sich im Betrieb zu vernetzen.

'SZ': Muss man das Tablet zurückgeben, wenn man die Ausbildung abbricht?

Friedrich: Das dürfte vom Einzelfall abhängen. Aber ich habe noch nie gehört, dass ein Azubi seinen Vertrag nur unterschrieben hätte, um ein Geschenk zu bekommen. Übrigens werden Anreize nicht nur zu Beginn der Ausbildung geboten, sondern auch später, zum Beispiel in Form von Geld- oder Sachprämien für gute Noten.

'SZ': Welche Branchen setzen am stärksten auf Anreize?

Friedrich: Am meisten strengen sich die an, die die größten Schwierigkeiten haben, Bewerber zu finden. An erster Stelle steht die Gastronomie – 60 Prozent der Betriebe konnten im letzten Jahr nicht alle offenen Ausbildungsplätze besetzen. Ein Gastronom, der keine einzige Bewerbung bekommen hatte, hat daraufhin die Ausbildungsvergütung verdoppelt. Auch das Baugewerbe, der Bereich Verkehr, Transport und Logistik und die IT-Branche haben großen Bedarf und bieten oft zusätzliche Anreize für Bewerber.

'SZ': Und haben sie damit Erfolg?

Friedrich: Wenn an einem Ort mehrere Betriebe derselben Branche um Azubis werben, kann ein Goodie durchaus den Ausschlag geben. Manchmal lassen sich sogar strukturelle Probleme der Nachwuchsgewinnung mit diesem Instrument lösen, zum Beispiel hat ein abgelegenes Hotel einen Dienst-Smart für den Azubi angeschafft. In erster Linie dienen die Anreize aber als Mittel, sich von der Masse abzusetzen und überhaupt mit Bewerbern ins Gespräch zu kommen. Dann kann man ihnen die Vorteile der betrieblichen Ausbildung ja erst nahebringen.

'SZ': Viele Jugendliche wollen lieber studieren. Was können Betriebe noch tun, um ihre Ausbildung attraktiver zu machen?

Friedrich: Viele Unternehmen setzen darauf, Zusatzangebote zu machen. Damit richten sie sich vor allem an leistungsstarke Jugendliche, die auch studieren könnten. Die Azubis können während der Ausbildung eine Zeit im Ausland verbringen, Zusatzqualifikationen erwerben, etwa Fremdsprachen lernen oder vertiefte PC- oder Fachkenntnisse erwerben. Es werden auch verstärkt Kombimodelle angeboten, bei denen die Ausbildungszeit verkürzt und mit fachspezifischer Weiterbildung kombiniert wird. Und jeder fünfte Betrieb bietet heute die Möglichkeit, ein duales Studium anzufangen."

Quelle: http://www.dihk.de/themenfelder/aus-und-weiterbildung/news?m=2015-01-04-friedrich-interview-sz